Auf Norbert Scheuers Roman „Die Sprache der Vögel“ bin ich nur durch Zufall gestoßen. Ein glücklicher Zufall. Denn das Buch ist ein großer Wurf. Ein mutiger Stoff in Kombination mit einer skurillen Handlung. Zeitdiagnostische Themen sind in der Literatur immer eine große Herausforderung. Norbert Scheuer gelingt das scheinbar anstrengungslos. Es geht um den Afghanistan-Einsatz der deutschen Bundeswehr. Der Ich-Erzähler Paul Arimond aus der Eifel meldet sich als Sanitäter für diesen Einsatz . Die Trostlosigkeit des Alltags in diesem Bundeswehr-Lager, die Hitze, die Langeweile, die ängstiche Angespanntheit und die Armut der Bevölkerung in Afghanistan bilden den leisen Grundsound des Romans. Im Vordergrund stehen die vogelkundlichen Beobachtungen des Paul Arimond. Mit einem Fernglas, das er von seinem Vater geerbt hat und hütet wie einen Schatz, nutzt er dazu jede noch so kleine Gelegenheit. Zurück im Lager, zeichnet er sie mit Tusche auf und sammelt ihre Federn. Der Wunsch, das Lager gegen die Anordnung zu verlassen, um Vögel zu beobachten, wird zu seiner Manie. Die Sprache in diesem Roman ist sehr reduziert, immer wieder drehen sich weite Passagen um die Beschreibung von Natur und Vogelwelt. Dieser Stil erinnert schon fast an Hemingway, die Natur als Spiegel des Seelenlebens. Im Laufe des Romans erfährt der Leser mehr und mehr, dass Pauls Einsatz in Afghanistan eine Flucht vor sich selbst ist. Der Held verliert erst den Verstand und dann das Leben, was sich von der ersten Seite an bereits andeutet. Als Leser glaubt man im Laufe der Lektüre, die Tristesse dieses Alltags in Afghanistan am eigenen Leib zu spüren. Gegen Ende des Buches verknüpfen sich scheinbar beiläufige Nebenhandlungen zu einem großen Ganzen. Norbert Scheuer ist wirklich ein großes Stück Literatur gelungen.