Es hat sich nicht viel getan, seitdem die Männer loszogen, das Wild zu erlegen. Und die Frauen lieber in der Höhle blieben, um schon Mal den Grill zu befeuern. Doch die gute Nachricht von Iris Bohnet lautet: Die Rollenbilder können sich noch ändern. Auf der Frankfurter Buchmesse 2017 habe ich mit der Schweizer Ökonomin über ihr Buch „What works. Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann“ gesprochen. Iris Bohnet lehrt in Harvard, das Buch ist daher zunächst in den USA erschienen –  mit großem Erfolg. Umso interessierter war ich, nun die deutsche Übersetzung zu lesen und die Autorin auf der Messe kennenzulernen. Unser Arbeitsmarkt, schreibt Iris Bohnet, ist von Stereotypen geleitet, die verhindern, dass Frauen gleichzeitig kompetent und sympathisch wirken. Wenn Frauen die pflegerisch-kümmernde Rolle verlassen, ziehen sie überall den kürzeren: Bei der Beförderung, beim Gehalt, beim Ansehen. Iris Bohnet verlässt sich auf Zahlen und kann diese – übrigens weltweiten – Stereotype an unzähligen internationalen Studien nachweisen. Was wir also alle geahnt haben, unterfüttert Iris Bohnet mit Fakten. Im Prinzip werden wir von archetypischen Rollenbildern regiert: Der Mann ist risikobereit und durchsetzungsfähig, die Frau liebenswürdig und kooperativ. Seit der Steinzeit scheint sich nicht allzu viel getan zu haben. Und mehr noch: In der Regel überschätzen Männer ihre eigenen Leistungen, während Frauen sie unterschätzen. Auch das kann Iris Bohnet empirisch nachweisen.

Überraschend für mich ist der Nachweis der Schweizer Ökonomin, wie leicht wiederum diese Rollenbilder in einzelnen Situationen manipulierbar sind. Und an dieser Stelle setzt sie mit ihrer Vorstellung von Verhaltensdesign an. Ein Beispiel ist das Orchester von Boston in den USA: Seitdem die Musikerinnen und Musiker hinter einem Vorhang vorspielen müssen, hat sich die Zahl der weiblichen Mitglieder des Orchesters deutlich erhöht. Nicht die Frauen müssen sich also ändern, fordert Iris Bohnet, sondern die Spielregeln. Denn in den Spielregeln, wie sie die Ökonomin beschreibt, sind Frauen nicht nur Opfer, sondern auch Täter zugleich. Iris Bohnet kann nachweisen, dass Frauen – sofern sie es bis auf den Chefsessel gebracht haben –  bei der Einstellung die gleichen Stereotype auf die Bewerberinnen und Bewerber anwenden wie Männer. Das hat mich sehr überrascht. Frauen sind also keinesfalls die besseren Chefs oder Kolleginnen. Es geht Iris Bohnet in ihrem Buch um Chancengleichheit, nicht um Quotenerfüllung. Die beste Köpfe sollen an die entscheidenden Stellen der Unternehmen gelangen. Und diese besten Köpfe sollen wir unvoreingenommen auswählen können. Mit Methoden, die keine Millioneninvestitionen erfordern. Sondern die Bereitschaft zur Veränderung.

Übrigens hat der Bruch mit Rollenbildern auch für Männer negative Folgen, etwa wenn sie in Frauendomänen eintreten, als Erzieher beispielsweise. Das Problem ist nur, dass dies in der Praxis nicht allzu oft der Fall ist, weil „Frauenberufe“ schlechter bezahlt sind und sich Männer daher selten einen Wechsel wünschen.

https://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=69328

http://www.chbeck.de/bohnet-what-works/product/20246528